Gesamtliste der Modelle
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Unterrichtliche Anregungen

Einfaches Realexperiment

In einem ersten Experiment messe man die im Laufe der Zeit abnehmende Temperatur einer erhitzten Flüssigkeit. Man ermittle die Temperatur Texp der Flüssigkeit in Abhängigkeit von der Zeit t und prüfe nach, ob der Ansatz (für ein rein exponentielles Wachstum) dTexp/dt prop. zu TRaum-Texp diesen Vorgang richtig beschreibt. Man nimmt dazu einfach eine in eine Tasse gefüllte heiße Flüssigkeit und mißt mittels Stoppuhr und Thermometer den zeitlichen Verlauf der Temperatur Texp.

Texp und Tsim stimmen nicht hinreichend überein

Man sieht aufgrund der beiden prinzipiell voneinander verschiedenen Kurvenkrümmungen von Texp und Tsim deutlich, dass es nicht möglich ist, eine Konstante so anzupassen, dass die Modell-Temperatur mit der real gemessenen hinreichend übereinstimmt, denn die experimentell ermittelte Temperatur fällt zunächst viel schneller ab als zu späteren Zeiten und schneidet somit die Kurve für den theoretischen Temperaturverlauf, der einen exponentiellen Abfall darstellt (s.Grafik). Dies bedeutet, dass die experimentell gewonnene Kurve keinen exponentiellen Verlauf haben kann! Man prüft dies leicht nach, indem man sich auf der Hochachse die Temperaturwerte mittels einer logarithmischen Skala auftragen läßt undkontrolliert, ob sich dann eine Gerade ergibt, wie das für alle Exponentialkurven bei einer logarithmischer Darstellung der Fall ist.

Manchmal hilft nur noch denken

An dieser Stelle ist zu überlegen, ob und warum das Modell ein so schlechte Güte aufweist, oder aber auch, ob im Versuch vielleicht Wechselwirkungen stattfinden, derer man sich vielleicht gar nicht bewußt gewesen war und die man somit auch erst gar nicht modellieren konnte.

Tatsächlich ist bei diesem Versuch dann auch zu berücksichtigen, dass die Abkühlung der Flüssigkeit nicht nur allein durch Wärmeleitungseffekte, an die allein man vorher vielleicht gedacht hat, hervorgerufen wird, sondern dass auch die Verdunstung, die ja gerade bei höheren Temperaturen einen immer stärkeren Einfluß ausübt, unbedingt beachtet werden muß.

Und die Lösung, ein Korkdeckel




Heureka!!?

Um die komplizierteren Verdunstungseffekte möglichst auszuschließen und nur noch Wärmeleitungseffekte zu untersuchen, sollte man daher den Versuch noch einmal durchführen, indem man das Flüssigkeitsgefäß mit einem Deckel schließt. Für die Abdeckung der Tasse mit einem provisorischen Deckel, bestehend aus einer Korkscheibe, erhält man bereits deutlich andere Ergebnisse. Selbstverständlich ist der Temperaturabnahmekoeffizient jetzt viel geringer (daher auch die Empfehlung: immer Deckel auf die Kochtöpfe!). Es stimmen zwar noch immer nicht die experimentelle und theoretische Kurve exakt überein (s. Grafik), aber der reale Kurvenverlauf wird jetzt durch den theoretischen Ansatz viel besser als vorher erfaßt. Auch die logarithmische Darstellung zeigt einen jetzt viel stärker geradlinigen Verlauf der experimentell gewonnenen Temperaturkurve.

Verbesserungen sind noch möglich

Durch eine noch etwas "professionellere" Versuchsanordnung, als sie hier mit einer normalen Tasse mit einem behelfsmäßigen Deckel aus einer Korkscheibe vorlag, kann man zu Recht vermuten, dem theoretischen Ansatz noch etwas näherzukommen.

Zusammenfassend

Das Modell ist in seiner grafischen Struktur sehr einfach und gerade deswegen besonders geeignet, an dieser Stelle sein Augenmerk vornehmlich auf die Reflexion des Modellbildungsprozesses zu lenken. Zusammenfassend läßt sich feststellen: Anhand dieses Modells kann sehr schön zeigen, wie man aufgrund der als mangelhaft erkannten Güte eines erstellten Modells gezwungen wird,entweder das Modell zu verbessern oder aber, wie hier getan, nach Ursachen zu forschen, an die man bei der Modellierung überhaupt nicht gedacht und die man daher auch nicht berücksichtigen konnte. Hier ist eine geeignete Stelle, mit den Schülerinnen und Schülern den Prozeß der Modellbildung intensiv zu reflektieren.

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© Goldkuhle, Kohorst, Portscheller 12.12.1996