Einsatzmöglichkeiten des Unterrichtsprojekts "Aquarium" bieten sich
z.B.
Entsprechend den Kenntnissen der/des jeweils Lehrenden wird dabei eine mehr oder weniger umfangreiche Zusammenarbeit der Fachbereiche Biologie, Informatik und Mathematik erforderlich sein.
Beim Einsatz des Unterrichtsprojekts "Aquarium" in der Sek.I wird man als Lehrende(r) allerdings stärker als in späteren Jahrgangsstufen helfend und lenkend eingreifen müssen. Insbesondere im mathematischen Bereich muß, um Schülerinnen und Schüler der Sek.I nicht zu überfordern, genau darauf geachtet werden, daß die jeweils benutzte Ausdrucks- und Schreibweise so einfach wie irgend möglich ist und dennoch das jeweils Wesentliche vermittelt wird.
Betrachtet man aber andererseits die derzeitige Umsetzung der IKG- und der IF-Richtlinien in den Schulen, so war die Situation zumindest im Bereich "Modellbildung und Simulation" bisher recht unbefriedigend, was neben der Komplexität dieses Themenbereiches und dem oft unzureichenden Ausbildungsstand vieler Lehrerinnen und Lehrer sicher auch daran liegt, daß hierzu eine wirklich auch für Schülerinnen und Schüler einfach zu handhabende Software nur selten vorhanden war.
Zumindest letzteres dürfte sich nun mit dem in NRW für Schulen, Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler kostenlos erhältlichen Programm DYNASYS geändert haben.
Um damit jedoch adäquat arbeiten zu können, bedarf es einer Weiterqualifikation von Lehrerinnen und Lehrern etwa durch Handreichungen, die konkrete Einsatzmöglichkeiten aufzeigen und dadurch zur Entwicklung eigener Ideen anregen. Diese Situation hat uns motiviert, das im folgenden dargestellte Unterrichtsprojekt "Aquarium" zu entwickeln.
Das Nachdenken über Wechselwirkungen innerhalb eines Organismus und über Wechselwirkungen zwischen der Umwelt und dem Organismus sind typische Betrachtungsweisen innerhalb des Biologieunterrichts. Biologische Systeme sind aber alle ungleich komplexer als chemische und physikalische und entziehen sich deswegen oft einer quantitativen Betrachtung ihrer vielfältigen Bezüge. Wenn in den folgenden Seiten dennoch biologische Systeme modelliert werden, dann dort, wo der quantitative Zugriff Erkenntnisse und Einsichten zuläßt, die die spezifische Dynamik biologischer Systeme betonen.
Jede Population zeigt in einem unbegrenztem Lebensraum ein ungebremstes oder exponentielles Wachstum. Idealtypisch verdoppelt sich in konstanten Zeiträumen die Populationsgrößen. Da es aber immer Begrenzungen gibt, ist das exponentielle oder nahezu exponentielle Wachstum nur eine zeitweilige Erscheinung. Tatsächlich nähern sich Populationen in ihren Lebensgrenzen einer Obergröße ihrer Individuenzahl. Das einfachste dazu verwendete rein deskriptive Modell ist das des logistischen Wachstums.
Wesentlich bei der Auseinandersetzung mit Charakteristika und Folgen exponentiellen Wachstums sind möglichst anschauliche Materialien, eventuell auch aus dem Nahbereich der Schülerinnen und Schüler. Beobachtete Algenblüten in Stadtteichen bieten sich dabei ebenso an wie die Rasanz, mit der unter bestimmten Umständen Nahrungsmittel verderben können. Salmonelleninfektionen bilden dafür beredte Beispiele.
Zur Erarbeitung des exponentiellen Wachstums eignet sich vor allem die Arbeit mit Mikroorganismen, weil ihre kurzen Generationszeiten die Dynamik exponentiellen Wachstums besonders deutlich macht. Sollten Sicherheitsbestimmungen gegen Experimente mit Bakterien sprechen, kann man auch auf Bäckerhefe zurückgreifen. Eine experimentelle Arbeit mit Grünalgen ist ebenfalls sinnvoll, aber mit einem höheren Aufwand verbunden. Grünalgen bzw. Futteralgen, meist einzellige Algen vom Chlorella-Typ, kann man in den Lösungen züchten, die für erdelose Pflanzenkultur (Hydrokultur) verwendet werden. Man verdünnt sie 5- 10-mal stärker als für die Hydrokultur gebräuchlich. (Heinz Strebele, Dieter Krauter: Das Leben im Wassertropfen, Stuttgart 1985 (7). S. 15).
Die kontinuierliche Aufnahme einer Wachstumskurve ist mit einem erheblichen Aufwand an Zeit und Material verbunden. Vielfach wird es reichen, bei parallel angesetzten reifen Kulturen jeweils den Titer bestimmen zu lassen. Man wird dann feststellen, daß ein bestimmter Organismus -ceteris paribus- eine Obergrenze an Dichte hat. Das hier häufig gewählte Modell des logistischen Wachstums ist ein rein deskriptives Modell. Es repräsentiert für Mikroorganismen die Wachstumsdynamik recht gut. Die Ursachen für die Dichtebegrenzung können unterschiedlich sein. Bei Hefe ist die Konzentration des Alkohols als wachstumshemmender Faktor nachgewiesen.
Das Modellaquarium stellt einen Stoffkreislauf dar, in dem höhere Pflanzen und Algen um Nährsalze konkurrieren. Der Stoffwechsel der Fische bringt zusätzlich Nährsalze in das Wasser. Die ökologische Potenz gegenüber Nährsalzen ist bei höheren Pflanzen und Algen unterschiedlich. Typischerweise kommen viele Aquarienpflanzen aus nährsalzarmen Gewässern und tolerieren hohe Nährsalzkonzentrationen nicht. Dagegen sind die Algen, die häufig Probleme in Aquarien bereiten, an hohe Nährsalzkonzentrationen angepaßt und tolerieren niedrige nicht.
Das Modellaqarium begreift sich primär als ein didaktisch orientiertes
Modell zur Verdeutlichung der Dynamik einer Ressourcenkonkurenz zweier
Organismen. Es soll dabei helfen, Schülerinnen und Schülerinnen
wesentliche Eigenschaft solcher Systeme zu veranschaulichen, ihr relativ
unkalkulierbares Verhalten im zeitlichen Verlauf. Dabei ist dieses Modell
verglichen mit natürlichen Systemen denkbar einfach: Es handelt sich
um die Untersuchung nur eines Faktors. Darüberhinaus ist das System
streng deterministisch.
Will man nicht - wie es im Verlauf dieses Unterrichtsprojektes geplant ist
- das Modellaquarium schrittweise entwickeln, so ist auch ein unterrichtlicher
Einsatz des "vorgegebenen" fertigen Modells denkbar, wenn den Schülerinnen
und Schülern sowohl das Minimumgesetz als auch die Bedeutung von
Toleranzkurven vertraut sind. Dann können Schülerinnen und
Schüler
© Helmut Kohorst & Philipp Portscheller 01.08.1996
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