|
|
Kläranlage
Ein Beispiel für die unterrichtliche Nutzung
des Arbeitsbereichs "Modellierung und Simulation dynamischer Systeme"
26.8.1997
|
|
|
|
Der unterrichtliche Zusammenhang
|
|
Im Biologie- oder im Erdkunde-Unterricht oder im Rahmen eines
fächerübergreifenden Projekts (ab Klasse 9) soll innerhalb einer
Unterrichtsreihe zum Themenbereich "Umwelt und Ökologie" das Beispiel
"Kläranlage" untersucht werden.
Es besteht dabei der Wunsch zu einem handlungsorientierten Unterricht. |
Der Einstieg:
Besuch der örtlichen Kläranlage
|
|
Am Anfang der Unterrichtsreihe steht ein Besuch in der
örtlichen Kläranlage, die - wie heute vielfach üblich - nur
über eine mechanische und eine biologische Reinigungsstufe verfügt. |
Die mechanische Reinigungsstufe
|
|
Aufgabe und Funktionsweise der mechanischen
Reinigungsstufe hat der Führer schnell verständlich gemacht
- da kann jeder sehen bzw. leicht nachvollziehen, was Grob- und
Feinrechen leisten bzw. was im Sandfang, im Öl- und
Fettabscheider und im Vorklär-Becken passiert.
Gleich nebenan sehen wir die "Faultürme", in denen der
abgesetzte Schlamm unter der Einwirkung anaerober Methanbakterien ausfault.
Ob des Gestankes nach faulenden Eiern halten wir lieber einen gehörigen
"Sicherheitsabstand" ein, sind aber durchaus beeindruckt, als wir erfahren,
dass das bei dem Faulprozeß freiwerdende "Schlammgas" (zu 70% Methangas
(CH4) und zu 30% Kohlendioxid (CO2)) durchaus
wirtschaftlich zur Energieversorgung der Kläranlage sowie im
städtischen Gaswerk verwendet werde, während der ausgefaulte und
getrocknete Schlamm selbst gern von den umliegenden
Landwirtschaftsbetrieben als wertvoller Dünger genutzt werde. Das
sei allerdings häufig problematisch, weil der Faulschlamm zunehmend
toxische Schwermetalle wie z.B. Cadmium enthalte. |
Die biologische Reinigungsstufe
|
|
Schwieriger ist es jedoch mit der biologischen
Reinigungsstufe:
Wir stehen am Rand eines großen, flachen, mit vorgeklärtem
Wasser gefüllten Beckens, in dem fortwährend und sprudelnd
Luftblasen aufsteigen (Belebtschlammverfahren).
Umschweifig erläutert unser Führer, hier erfolge auf kleinem
Raum und erheblich beschleunigt im Grunde dasselbe wie bei der
natürlichen Gewässer-Selbstreinigung:
Im Wasser schwebende aerobe Bakterien, deren Lebenstätigkeit durch
ständige Sauerstoffzufuhr gefördert werde, würden hier die
im Wasser gelösten organischen Schmutzstoffe abbauen (mineralisieren).
Dabei komme es jedoch entscheidend auf das richtige Mengenverhältnis
von organischem Abfall und zugeführtem Sauerstoff an: Bei zuviel
organischem Abfall oder zuwenig Sauerstoff wären die Bakterien
überfordert, und die biologische Reingungsstufe würde
nicht funktionieren.
Das erscheint uns zwar plausibel, doch leider kann man von der Tätigkeit
der mikroskopisch kleinen Bakterien nichts sehen! |
Die Einleitung in den Vorfluter
|
|
Schließlich erfahren wir noch, dass so bis zu 90% des
organischen Abfalls entfernt werden können, dass aber aufgrund einer
nicht vorhandenen chemischen Reinigungsstufe das "geklärte" Wasser bei
der Einleitung in den Vorfluter immer noch Krankheitserreger,
Nährsalze (Nitrate und Phosphate) und evtl. auch noch schädliche
Chemikalien enthalte.
Da bleibt also noch einiges zu tun! |
Der Kontrollraum
|
|
Zum Abschluß unserer Führung dürfen wir noch
den Kontrollraum besichtigen: Rundum sind die Wände mit Monitoren und
Kontrollinstrumenten übersät, und auf den Arbeitsplatten davor
befinden sich zahlreiche Schalter und Drehregler für die Wasser-Zu-
und Abläufe, die Heizungs- und Temperaturregelung, die Sauerstoffzufuhr
und vieles mehr.
Gern würden wir hier einige "was-wäre-wenn-Versuche"
durchführen:
Welches Mengenverhältnis von organischem Abfall und Sauerstoffzufuhr
ist denn nun optimal, und wann "geht nichts mehr"?
Das würde uns zwar die Einsicht in die Zusammenhänge erleichtern,
aber natürlich dürfen wir das aus verständlichen
Gründen nicht. |
Der Einsatz des
learn:line-
Arbeitsbereiches "Modellierung und Simulation" als Arbeits- und
Lernumgebung
|
|
Einige Tage später wird der Unterricht in der Schule
fortgesetzt. Der Besuch der Kläranlage soll ausgewertet werden.
Ausführlich berichten Schülerinnen und Schüler anhand ihrer
Aufzeichnungen von der mechanischen Reinigungsstufe. Sogar Skizzen können
sie erstellen, die ihre Ausführungen gut veranschaulichen.
Doch von der biologischen Reinigung sind nur das Stichwort "Selbstreinigung"
und so etwas wie ein qualitatives Modell "hängengeblieben":
Organischer Abfall -----> Bakterien <----- Sauerstoff
Bakterien benötigen Sauerstoff und "fressen" (mineralisieren) den
organischen Abfall. |
Unklar geblieben ist jedoch, bei welchen Abfall- und Sauerstoff-Mengen das
funktioniert bzw. nicht funktioniert.
Doch immerhin ist die Neugier geweckt!
Schon in der Kläranlage wollte man das "ausprobieren"!
Der Hinweis des Lehrers, es gäbe auf der Website "Lernen mit Neuen Medien" im Arbeitsbereich
"Modellierung und Simulation" ein Modell zur Selbstreinigung,
mit dem man experimentieren könne, kommt daher wie gerufen.
So begibt sich der Kurs in den "Computerraum" zu dem "Multimedia-PC" der
Schule.
Schnell sind die o.g. Website www.kohorst-lemgo.de, der o.g. Arbeitsbereich und dort das Modell "Selbstreinigung" gefunden. |
Organisatorische und technische Probleme
...
|
|
20-30 Schülerinnen und Schüler vor einem
Mulimedia-PC???
Das ist natürlich ein sinnloses Unterfangen!
Doch leider haben erst sehr wenige Schulen so viel "Know-How" und
Sponsorengelder sammeln können, dass sie bereits das gesamte schuleigene
Netzwerk an's Internet angeschlossen haben und mit allen Arbeitsplätzen
gleichzeitig "online" gehen können, wie es für eine wirkliche
Integration des Mediums Internet in den Unterricht eigentlich notwendig
wäre - das Projekt "Schulen an's Netz" stößt hier (bisher?)
an eine häßliche Grenze! |
... und ein erster Ausweg:
|
|
So müssen wir uns für's erste behelfen und projezieren
mittels eines Overhead-Displays den Bildschirm-Inhalt des Multimedia-PC auf
eine größere, gut einsehbare weiße Fläche.
Leider sieht man da zwar alles nur "schwarz-weiss", aber "in Farbe" ist's
für Schulen immer noch zu teuer.
Immerhin bekommen so alle einen ersten Einblick.
Bald beschweren sich allerdings einige aus der letzten Reihe, sie könnten
die kleine Schrift nicht lesen. So drucken wir die wenigen zu dem Modell
gehörigen Seiten kurzerhand aus, kopieren und verteilen sie. |
Auch inhaltlich
ist es schwieriger
als man dachte
|
|
Obwohl die Schülerinnen und Schüler aus früheren
Jahren bereits einige Erfahrungen im Umgang mit dem Modellbildungswerkzeug
"DYNASIS" besitzen (eine bei einem so komplexen Modell sicher notwendige
Voraussetzung), sind sie doch zunächst recht verwirrt, denn schon das
hier angebotene qualitative Modell sieht viel komplizierter aus als
das, was sie bisher "im Kopf haben".
"Da muß man sich ja echt reindenken!" |
|
Beim Verständnis des Modells helfen der Lehrer
und die
FAQ's
|
|
Aber glücklicherweise beantworten der Lehrer und die
beigeordneten FAQ's die meisten Fragen,
so dass man - wenn auch mit einiger Mühe - das Modell sowohl qualitativ
als auch quantitativ (--> Mausklick auf das obige qualitative Modell)
einigermaßen verstehen kann. |
Wenn diese Hilfen einmal nicht ausreichen:
eine eMail
an den zuständigen Paten des
Arbeitsbereichs
|
|
Dennoch bleibt unklar, in welcher Modellgleichung eigentlich
steht, dass - wie bei den FAQ's zu lesen - "50% der zugeführten organischen
in für die Zelle nutzbringende Energie umgesetzt" wird.
Der Lehrer empfiehlt, zunächst einfach mit dem vorgegebenen Modell zu
arbeiten, zugleich aber per eMail eine
entsprechende Anfrage an den zuständigen Paten des Arbeitsbereichs
zu schicken. |
Die Arbeit mit dem Modell
|
|
Die Schülerinnen und Schüler greifen die Anregung
des Lehrers gerne auf: Das Experimentieren finden sie auch viel
interessanter als das Brüten über eine solche eher theoretische
Frage. |
... ist "online" ...
|
|
Durch einen Mausklick auf den Modellnamen
"bio5.dyn" startet sofort das (zuvor auf
dem Multimedia-PC installierte) Modellbildungswerkzeug DYNASYS mit dem Modell,
so dass man eigentlich sofort loslegen könnte. |
... und "offline" möglich:
|
|
Damit aber nicht nur an dem Multimedia-PC gearbeitet
werden kann, lädt der Lehrer über die Arbeitsbereichs-Seite
"Gesamtliste & Downloads" die Archivdatei
"biodyn.zip" auf die eigene Festplatte
herunter, entpackt sie dort und stellt über das lokale Schulnetz
die enthaltene Modelldatei "bio5.dyn" allen
DYNASYS-Arbeitsplätzen zur Verfügung. |
Arbeitsteilig
geht's nun an's Werk:
|
|
Einige Schülerinnen und Schüler versuchen
nun zunächst, die beigefügten
Beispiel-Graphen zu rekonstruieren, andere
Gruppen halten sich an die unterrichtlichen
Anregungen und experimentieren mit einmaligen Belastungen und
Dauerbelastungen, wieder andere widmen sich der Ausgangsfrage, wann denn
die Selbstreinigungskraft des Modellgewässers (bzw. die biologische
Reinigungsstufe der Kläranlage) überfordert ist.
Wie die diese Arbeitsphase abschließenden Schülervorträge
zeigen, hat sich das Experimentieren gelohnt:
Die Zusammenhänge zwischen Abfallmenge, Sauerstoffmenge, Bakteriensubstanz
und Reinigungsleistung sind doch viel klarer geworden. |
weitere Möglichkeiten
|
|
Wer tiefer in das Modell einsteigen will, kann beim
Experimentieren neben einzelnen Parametern (z.B. "Zufuhr_Org_Abfall" oder
"Faktor" bei der "O2_Zufuhr") auch die Tabellenfunktionen "Wuchsfaktor" und
"O2_Faktor" variieren.
Vielleicht findet jemand auch (besser) empirisch abgesicherte Tabellenwerte
oder gar ein insgesamt besseres Modell. |
|